Dienstag, 29. Mai 2012

Filme. not! impossible.

Wer gerne selber "polaroidisiert" kennt seit der Schließung der Polaroid-Werke in Enschede, Niederlande, das Problem mit den Filmen, dem Nachschub und dem Ablaufdatum.
Bis vor ca 2 Jahren musste man sich auf Restbestände der letzten 30 Jahre verlassen, um Futter für die Polaroid-Kameras, sprich: Filme, zu bekommen. Das war Anfangs schon recht schwierig, und inzwischen ist es fast unmöglich vernünftiges, original Filmmaterial zu bekommen. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass alles, was vor 2002 abgelaufen ist so gut wie nicht mehr zu benutzen ist. Leider sind viele Filmkassetten aus Privatbesitz, die man bei Ebay oder auf Flohmärkten noch ergattern kann, oft durch unsachgemäße Lagerung oder einfach nur altersbedingt eingetrocknet und daher unbenutzbar. Manchmal hat man dennoch Glück und die alten Filme machen Fotos mit Grün-, Blau- oder Rotstichen. Einzelne große Stellen im Bild, die nicht entwickeln, sind auch eine nette Sache, aber auch das kann man nur bedingt gut finden.
Das Darben hat aber inzwischen ein Ende, denn inzwischen werden seit 2010 etwa wieder neue Filmkassetten für die Polaroids produziert. The impossible project! In einem Teil der ehemaligen Polaroid-Werke tüfteln Nostalgie-Pioniere mit einem Team, das zum Teil aus ehemaligen Mitarbeitern von Polaroid besteht, an neuen chemischen Zusammensetzungen, die uns wunderbare neue Filme garantieren sollen. Die ganze Geschichte in einem interessanten Artikel verpackt und mir detaillierten Infos findet man hier: "Alles im weißen Rahmen" (via brand eins online) Da das Patent der Polaroid-Filme nicht freigegeben wurde, müssen die Filme komplett neu entwickelt werden. Apropos. Ich nenne die Fotos, seien sie original oder von Impossible, auch weiterhin einfach "Polaroids" oder "Polaroid Fotos" auch wenn das, streng genommen, nicht ganz richtig ist.
Die alten Polaroid-Filme findet man, wie erwähnt, ab und an noch auf Flohmärkten, bei alten Tanten im Keller und natürlich bei Ebay. Die sehen dann zum Beispiel so aus (von links nach rechts: Polaroid 600 extreme, Vision95, Vision, Polaroid 88):



Allerdings sind diese alten Filme auch nicht mehr ganz billig zu bekommen, so dass es sich eigentlich fast mehr lohnt, das selbe Geld in die neuen Filme von Impossible zu investieren:



Links im Bild, der silberfarbene Film ist aus der neuesten Produktion, genannt "cool" und passend für die 600er Kameras. Der rechts ist ein Film aus einer limitierten Auflage des Künstlers NIGO. Impossible entwickelt immer weiter und feilt an den Filmen, deshalb werfen sie Schubweise ihre Filme auf den Markt. Die erste Produktionswelle "first flush" war noch unglaublich empfindlich und teilweise anfällig für unentwickelte Stellen am Bildrand. Auch die Farben und die Haltbarkeit der Bilder unterlag großen Schwankungen. Auch bei der Lagerung musste man, laut Impossible, besondere Dinge beachten. Hilfreiche Tips und Hilfe dazu und zu diesem ganzen Thema, findet man übrigens auch auf der Seite von Impossible!
Die neuen "cool" Filme sind da schon etwas weiter. Alles etwas besser in diesem Fall, Farbe, Tiefe, die Empfindlichkeit nicht mehr so groß und sie können easy im Kühlschrank gelagert werden. Ich gebe zu, das habe ich vorher mit den anderen Filmen auch schon immer so gemacht- ohne Probleme.


Ich bin nicht sicher, wieso einem davon abgeraten wird, aber eventuell liegt es an den Batterien, die in den Filmen integriert sind. Einfrieren würde ich die Filme auch nicht unbedingt aber in der Kühlschranktür sind sie wirklich gut aufgehoben und die Batterie hat sich bei mir zumindest, dadurch noch nie entladen oder ähnliches.
So sehen die leeren Filmkassetten aus. Ich hebe sie immer auf, um neu erworbene Kameras zu testen (Batterie inside! Wie gesagt.)


Zu den Fotos der neuen Impossible Filme sollte auch noch einiges gesagt werden.
Im Vergleich zu den original Polaroidfilmen sind die neuen Filme... naja, sagen wir mal: experimentell. Sie haben nicht die klare Schärfe, die Farben und, wie ich persönlich finde, die durchschnittliche Langeweile von "normalen" Fotos. Sie sind etwas wischig. Sie sind teilweise von der Farbigkeit etwas welker, gedeckter, etwas weiter weg, fast ein bisschen wie die alten Polaroids aus den 70ern. Die Bilder haben eigentlich all das, was momentan jeder versucht via Instagram u.ä. mit seinen digitalen Fotos zu machen. Womit wieder klar wird, was für eine verrückte Welt das ist, in der man digitale Fotos bearbeitet um analoge Effekte zu bekommen.
Die Fotos sind wirklich weit empfindlicher als die alten. Das obligatorische Foto-herbei-Schütteln ist hier nicht angebracht. Leider.
Sobald das Bild aus der Kamera kommt, tut man gut daran, es in die Tasche zu stecken/ umgedreht irgendwo abzulegen und es dort erstmal eine Weile (mind. 5-10 Minuten) ruhen zu lassen. Dann sollte es fertig entwickelt sein.
Zugegeben, aus diesem Grund werden die Bilder manchmal zu dunkel, zu hell, haben minimale Macken und Flecken, aber wenn ich perfekte Abbildungen von etwas möchte, zück ich auch weiterhin lieber meine kleine Digiknipse.

Es ist einfach eine ganz andere Art zu fotografieren. Zum einen hat man mit jedem Foto ein kleines Objekt der Begierde, das alleine schon durch seine Form und Beschaffenheit ganz anders in der Hand liegt als jedes andere digitale (ausgedruckte) Foto. Zum anderen sind die Filme nicht gerade günstig (etwa 18-20 Euro für 8 Bilder) und man macht sich weit mehr Gedanken, was man jetzt auf diesem kleinen Quadrat erscheinen lassen möchte, als wenn man einfach auf alles seine digitale Linse hält und abdrückt- löschen kann man später immer noch.

Überhaupt, was bei den Impossible/Polaroid Fotos immer einer der schönsten Momente ist, ist wenn das Bild langsam erscheint und sich wie aus dem Nichts Stück für Stück hervor arbeitet.
Wer selbst schon einmal Abzüge von Negativen in der Dunkelkammer gemacht hat, kennt dieses erwartungsvolle Kribbeln sicher, wenn sich in der Wanne das Bild entwickelt.
Hier braucht man keine Dunkelkammer. Das Foto, das aus der Kamera ausgeworfen wird, bringt diesen Moment einfach mit!
Ich habe von vielen Freunden gehört, dass sie die neuen Filme nicht so super finden, eben aus den oben genannten Gründen. Aber ich denke, gerade diese Gründe macht ihren Reiz aus. Vielleicht sollte man mit einer anderen Einstellung an die Polaroids heran gehen. Die Zeiten der 1000 Modeproduktionspolaroids, der 1000 Tatortpolaroids und der 1000 Urlaubspolaroids ist vielleicht wirklich in diesem Fall vorbei.
Vielleicht ist es auch hier wieder der Wille nach Entschleunigung und der Wunsch nach dem Besonderen, was den Reiz der Sofortbildfotografie heute ausmacht. Was man früher für das "fast-food-Foto", also für das schnelle Bild, das man sofort bereit hatte verwendet hat, kehrt sich jetzt um und wird zu dem, was man mit Bedacht und Überlegung benutzt und bei welchem am Ende dann ein einzelnes, quadratisches Schätzchen heraus kommt.

Übrigens: fälschungssicher sind die Fotos immer, ob alter oder neuer Film!


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